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Hundeernährung: Zwischen Wissenschaft und Ideologie – Was ist denn nun richtig?

Einleitung: Der Dschungel im Hundenapf


Liebe Hundefreunde, liebe Rudelmitglieder! Wer kennt es nicht? Man steht vor dem Regal im Zoofachhandel, der Blick schweift über unzählige bunte Verpackungen, jede verspricht das Beste für den geliebten Vierbeiner. BARF, Trockenfutter, Nassfutter, vegan, getreidefrei, mit Superfoods – die Auswahl ist schier unendlich und die Meinungen dazu so vielfältig wie die Hunderassen selbst. Was ist nun wirklich das Richtige für unseren Hund? Ist es die Wissenschaft, die uns den Weg weist, oder doch eher eine gut gemeinte, aber manchmal etwas esoterisch anmutende Ideologie? Schnallt euch an, denn wir tauchen ein in den wilden Westen der Hundeernährung!


Hund mit Futter

Der Wolf im Schafspelz (oder auf der Futtertüte?)


Beginnen wir mit einem Klassiker: Dem majestätischen Wolf, der uns von so mancher Hundefutterverpackung entgegenblickt. Die Botschaft ist klar: Dein Hund ist ein Wolf, also füttere ihn wie einen! Doch halt, Stopp! Ist unser gemütlicher Couch-Potato wirklich noch der wilde Jäger aus der Taiga? Die Wissenschaft sagt: Jein. Hunde haben sich über Jahrtausende an das Zusammenleben mit dem Menschen angepasst, und das betrifft auch ihre Verdauung. Während Wölfe reine Fleischfresser sind, haben Hunde durch die Koevolution mit dem Menschen die Fähigkeit entwickelt, Stärke besser zu verdauen [1]. Das bedeutet nicht, dass sie zu Veganern mutiert sind, aber es relativiert das Bild des reinen Fleischfressers erheblich. Der Wolf auf der Tüte ist also eher ein Marketing-Gag als eine wissenschaftliche Empfehlung.


Die Kalorienbilanz: Mehr als nur ein Zahlenspiel


Kommen wir zu einem trockeneren, aber umso wichtigeren Thema: der Kalorienbilanz. Klingt nach Mathematikunterricht, ist aber entscheidend für die Gesundheit eures Hundes. Im Grunde ist es ganz einfach: Nimmt der Hund mehr Kalorien auf, als er verbraucht, nimmt er zu. Verbraucht er mehr, als er aufnimmt, nimmt er ab. So weit, so logisch. Doch die Tücke steckt im Detail. Der Energiebedarf eines Hundes hängt von vielen Faktoren ab: Alter, Rasse, Aktivitätslevel, Gesundheitszustand und sogar dem Klima. Ein junger, aktiver Border Collie hat einen völlig anderen Bedarf als ein älterer, gemütlicher Mops. Übergewicht ist bei Hunden ein massives Problem und führt zu zahlreichen Folgeerkrankungen wie Gelenkproblemen, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen [2]. Es ist also unerlässlich, den individuellen Bedarf des Hundes zu kennen und die Futtermenge entsprechend anzupassen. Viele Futterhersteller geben Richtwerte an, die jedoch oft großzügig bemessen sind. Hier ist kritisches Denken und ein wachsames Auge gefragt!


Ernährung und Gesundheit: Eine untrennbare Verbindung


Wie sehr wirkt sich Ernährung auf die Gesundheit aus? Kurz gesagt: Enorm! Eine ausgewogene Ernährung ist die Basis für ein langes, gesundes und glückliches Hundeleben. Mangelerscheinungen oder eine Überversorgung mit bestimmten Nährstoffen können gravierende Folgen haben. Ein Mangel an essenziellen Fettsäuren kann zu Haut- und Fellproblemen führen, eine Überversorgung mit Kalzium bei Welpen großer Rassen zu Knochenwachstumsstörungen. Auch Allergien und Unverträglichkeiten sind oft eng mit der Ernährung verbunden. Die Darmgesundheit, oft als „zweites Gehirn“ bezeichnet, spielt eine zentrale Rolle für das Immunsystem und das allgemeine Wohlbefinden. Eine gesunde Darmflora, gefördert durch die richtige Ernährung, kann viele Probleme von vornherein verhindern [3].


BARF

Der Futtermittelmarkt: Ein Dschungel aus Versprechen


Und dann ist da noch der Futtermittelmarkt – ein Milliardengeschäft, in dem sich die Hersteller mit immer neuen Trends und Versprechen überbieten. Schauen wir uns die gängigsten

Fütterungsarten mal genauer an:


BARF (Biologisch Artgerechtes Rohes Futter)


Die Idee: Zurück zur Natur! Rohes Fleisch, Knochen, Innereien, Gemüse und Obst – so wie der Wolf es fressen würde. Befürworter schwören auf glänzendes Fell, gesunde Zähne und mehr Vitalität.

Die Realität: BARF kann eine sehr gute Fütterungsform sein, erfordert aber viel Wissen und Sorgfalt. Eine unausgewogene BARF-Ration kann zu schwerwiegenden Mangelerscheinungen oder Überversorgungen führen. Studien zeigen, dass viele selbst zubereitete BARF-Rationen nicht bedarfsdeckend sind [4]. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für die Übertragung von Bakterien wie Salmonellen auf Mensch und Tier. Hier ist eine fundierte Ernährungsberatung unerlässlich.




ABAM (Artgerechte Biologisch Angepasste Mahlzeiten)


Die Idee: Eine Weiterentwicklung von BARF, die versucht, die Vorteile der Rohfütterung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu verbinden und die Risiken zu minimieren. Oft werden hierbei auch leicht gegarte Komponenten verwendet.

Die Realität: Ähnlich wie BARF erfordert auch ABAM ein hohes Maß an Wissen und Planung. Es ist ein Versuch, die Lücke zwischen reiner Rohfütterung und industriellem Futter zu schließen, bleibt aber für den Laien oft komplex. Oft kommt es durch ABAM durch eine Nährstoffunterversorgung, da nicht konkret nachvollzogen werden kann, welche Nährstoffe der Hund bekommt. Ebenso Obacht bei Übergewicht, natürlich ist es schöner seine Essensresten beim Hund zu verwerten anstatt wegzuschmeißen, aber nicht alles auf einmal!


Nassfutter


Die Idee: Hoher Feuchtigkeitsgehalt, oft schmackhafter für den Hund, weniger verarbeitet als Trockenfutter.

Die Realität: Die Qualität von Nassfutter variiert stark. Achten Sie auf eine offene Deklaration der Inhaltsstoffe und einen hohen Fleischanteil. Der höhere Wassergehalt bedeutet auch, dass der Hund größere Mengen fressen muss, um seinen Energiebedarf zu decken, was bei der Kalorienbilanz berücksichtigt werden muss.


Trockenfutter


Die Idee: Praktisch, lange haltbar, oft kostengünstiger. Durch die Krokettenform soll auch die Zahnreinigung unterstützt werden (was aber oft ein Mythos ist).

Die Realität: Auch hier gibt es enorme Qualitätsunterschiede. Viele Trockenfutter enthalten einen hohen Anteil an Getreide und Füllstoffen. Achten Sie auf hochwertige Proteinquellen und eine ausgewogene Zusammensetzung. Der geringe Feuchtigkeitsgehalt erfordert, dass der Hund ausreichend trinkt.


Insektenfutter


Die Idee: Nachhaltig, hypoallergen und eine Proteinquelle der Zukunft.

Die Realität: Insekten sind eine vielversprechende Alternative, besonders für Hunde mit Allergien oder Unverträglichkeiten gegenüber herkömmlichen Proteinen. Wissenschaftlich ist die Verdaulichkeit und Nährstoffversorgung gut belegt [5]. Es ist eine innovative Option, die den ökologischen Fußabdruck reduzieren kann.


Fazit: Der goldene Mittelweg ist oft der beste Freund


Was ist denn nun richtig? Die Antwort ist, wie so oft im Leben: Es kommt darauf an! Es gibt nicht die eine, perfekte Ernährungsform für jeden Hund. Der Schlüssel liegt in der Individualität und einer gesunden Mischung aus Wissenschaft und Pragmatismus. Informiert euch kritisch, hinterfragt Marketing-Versprechen und lasst euch nicht von Dogmen leiten. Eine fundierte Ernährungsberatung durch einen Tierarzt oder einen qualifizierten Ernährungsberater kann Gold wert sein. Beobachtet euren Hund genau: Glänzendes Fell, gute Verdauung, Vitalität und ein gesundes Gewicht sind die besten Indikatoren dafür, dass ihr auf dem richtigen Weg seid. Und denkt daran: Ein bisschen Humor schadet nie – auch nicht beim Blick in den Hundenapf!


Referenzen


[1] Axelsson, E., Ratnakumar, A., Arendt, M. et al. The genomic signature of dog domestication reveals adaptation to a starch-rich diet. Nature 482, 87–90 (2012). https://doi.org/10.1038/nature10822 [2] German, A. J. The growing problem of obesity in dogs and cats. J. Nutr. 136, 1940S–1946S (2006). [3] Suchodolski, J. S. et al. The fecal microbiome in dogs with acute diarrhea and its response to a canine-specific probiotic. Vet. Immunol. Immunopathol. 160, 1–10 (2014). [4] Schlesinger, D. P., & Joffe, D. J. Raw food diets in companion animals: A critical review. Can. Vet. J. 52, 50–54 (2011). [5] Bosch, G., Zhang, S., & Hendriks, W. H. Insect protein as a sustainable ingredient in pet food. Anim. Front. 9, 63–69 (2019).

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