Das Jagdverhalten des Hundes: Eine kritisch-humorvolle Betrachtung. Wenn der innere Wolf ruft und die Leine zu kurz wird.
- Andre Papenberg

- 7. Okt.
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Nov.
Wenn der innere Wolf ruft und die Leine zu kurz wird
Liebe Hundefreunde, liebe Leidensgenossen, die ihr schon mal fluchend durch den Wald gerannt seid, weil Bello mal wieder die Fährte eines Rehs aufgenommen hat und sich taub stellte – dieser Blogbeitrag ist für euch! Wir tauchen heute tief ein in ein Thema, das so alt ist wie die Mensch-Hund-Beziehung selbst und doch immer wieder für Kopfzerbrechen sorgt: Das Jagdverhalten unserer geliebten Vierbeiner. Ist es ein Fluch? Ein Segen? Oder einfach nur ein genetisch verankertes Überbleibsel, das uns manchmal an den Rand des Wahnsinns treibt? Spoiler-Alarm: Es ist ein bisschen von allem. Und ja, wir werden auch darüber sprechen, wo die Grenzen der Erziehung liegen und wann man einfach mal akzeptieren muss, dass der eigene Hund vielleicht nicht für die freie Wildbahn geschaffen ist. Aber keine Sorge, das Ganze wird nicht bierernst, sondern mit einer Prise Sauerländer Humor.. Also, Leine los (im übertragenen Sinne, versteht sich!) und rein ins Vergnügen!
Der Urinstinkt: Warum jagen Hunde überhaupt?
Bevor wir uns in die Tiefen der Genetik und der Erziehungsgrenzen stürzen, müssen wir uns eines klarmachen: Das Jagdverhalten ist kein böser Wille eures Hundes, um euch zu ärgern oder eure sorgfältig aufgebaute Bindung zu torpedieren. Nein, es ist ein tief verwurzelter, evolutionärer Instinkt, der unsere Hunde zu dem gemacht hat, was sie heute sind: Beutegreifer. Auch wenn der Labrador auf dem Sofa schnarcht und der Chihuahua im Handtäschchen residiert, in jedem von ihnen schlummert noch ein kleiner Wolf, der nur darauf wartet, seine Jagdsequenz auszuleben. Diese Sequenz besteht aus verschiedenen Elementen: Orten, Fixieren, Anschleichen, Hetzen, Packen, Töten und Zerlegen. Nicht jeder Hund zeigt alle Elemente, und nicht jeder Hund zeigt sie in der gleichen Intensität. Aber die Veranlagung ist da, genetisch fixiert und bereit, bei passendem Reiz aktiviert zu werden.
Man könnte sagen, das Jagdverhalten ist wie ein unsichtbares Band, das unsere Haushunde mit ihren wilden Vorfahren verbindet. Es ist der Grund, warum der Dackel mit Feuereifer einem Maulwurfshügel zu Leibe rückt, der Terrier jeden Busch nach Mäusen absucht oder der Retriever mit leuchtenden Augen jedem geworfenen Ball hinterherjagt. Es ist die pure Freude am Tun, am Ausleben eines Verhaltens, das über Jahrtausende hinweg das Überleben der Art gesichert hat. Und genau hier liegt die Krux: Was für den Wolf überlebenswichtig war, kann für den Hundehalter im modernen Alltag zur echten Herausforderung werden. Denn seien wir mal ehrlich, ein Hund, der im Stadtpark einem Eichhörnchen hinterherjagt oder im Wald ein Reh aufscheucht, ist nicht nur eine potenzielle Gefahr für das Wild, sondern auch ein Ärgernis für andere Spaziergänger und nicht zuletzt für den eigenen Blutdruck.
Genetik: Der große Witz der Natur (oder warum dein Hund so ist, wie er ist)
Jetzt wird’s wissenschaftlich, aber keine Sorge, wir bleiben humorvoll. Die Frage, die sich viele stellen, ist: Wie viel ist Erziehung, wie viel ist Genetik? Und hier kommt die Natur ins Spiel und lacht uns ins Gesicht. Denn ja, das Jagdverhalten ist genetisch verankert. Das bedeutet, es ist nicht einfach wegtrainierbar wie das Betteln am Tisch oder das Hochspringen an Besuchern. Er ist Teil des Hundes, es liegt in der Genetik des Hundes.
Manche Rassen wurden über Jahrhunderte hinweg gezielt auf bestimmte Aspekte der Jagd hin gezüchtet. Nehmen wir zum Beispiel den Labrador Retriever. Sein Name verrät es schon: Er ist ein Apportierhund. Seine Passion ist es, erlegtes Wild (oder in unserem Fall den Dummy oder Ball) unversehrt zurückzubringen. Er hat eine hohe Reizschwelle beim Hetzen, aber eine umso höhere Motivation, etwas zu tragen und zu apportieren. Das ist genetisch fest verdrahtet. Oder der Beagle: Ein Meutehund, gezüchtet, um Wild aufzustöbern und mit lautem Gebell zu verfolgen. Seine Passion ist enorm, und er ist dafür gemacht, ausdauernd einer Fährte zu folgen. Das ist kein Fehler im System, das ist das System!
Aber es ist nicht nur bei den klassischen Jagdhunden so. Auch der kleine Terrier, der mit Inbrunst jeden Mauseloch inspiziert, tut das nicht aus Langeweile, sondern weil er für die Arbeit unter der Erde gezüchtet wurde. Er ist ein Erdhund, und das Aufspüren und Stellen von Beute im Bau ist seine genetische Bestimmung. Selbst der flinke Windhund, der auf den ersten Blick so elegant und unschuldig wirkt, ist ein geborener Jäger. Er jagt auf Sicht, und wenn er etwas Kleines, Schnelles sieht, dann schalten seine Gene auf „Verfolgung“ um. Und das mit einer Geschwindigkeit, bei der selbst Usain Bolt neidisch werden würde. Da ist es dann auch egal, wie oft du „Hier!“ rufst – der Windhund ist schon über alle Berge.
Und dann gibt es noch die Überraschungspakete. Der Border Collie, eigentlich ein Hütehund, der Schafe mit seinem „Eye“ kontrolliert, kann auch einen ausgeprägtes Jagdverhalten entwickeln, wenn er nicht erzogen ist oder seine Hüte-Gene auf bewegte Objekte wie Jogger oder Fahrräder umleitet. Oder der Mops, der auf den ersten Blick wie der Inbegriff des Schoßhundes wirkt. Auch er hat noch die rudimentären Jagdinstinkte seiner Vorfahren. Vielleicht nicht, um ein Reh zu reißen, aber um mit Begeisterung einer Fliege hinterherzujagen oder einen Krümel unter dem Sofa zu „erlegen“. Es ist wie ein kleiner, genetischer Scherz der Natur: Egal wie niedlich oder unschuldig ein Hund aussieht, irgendwo tief drinnen schlummert immer noch der Jäger.
Die Erkenntnis, dass Genetik eine so große Rolle spielt, ist nicht dazu da, uns zu entmutigen. Im Gegenteil, sie soll uns helfen, unsere Hunde besser zu verstehen und realistische Erwartungen an sie zu haben. Es geht nicht darum, das Jagdverhalten komplett zu eliminieren – das ist weder möglich noch wünschenswert, denn es ist Teil dessen, was unsere Hunde ausmacht. Es geht darum, ihn zu managen, zu kontrollieren und in die richtigen Bahnen zu lenken. Und genau da kommen wir zum nächsten Punkt: den Grenzen der Erziehung.
Die Grenzen der Erziehung: Wenn Training an seine Grenzen stößt
Wir alle lieben unsere Hunde und wollen das Beste für sie. Wir investieren Zeit, Geld und Nerven in Hundeschulen, Einzeltrainings und unzählige Bücher. Und dann kommt der Moment, in dem wir feststellen: Es gibt Grenzen. Gerade beim Jagdverhalten ist das oft eine bittere Pille. Manchmal muss man akzeptieren, dass selbst das beste Training nicht alle genetischen Anlagen überschreiben kann. Es ist wie der Versuch, einem Fisch das Klettern beizubringen – er kann es vielleicht ein bisschen lernen, aber es wird nie seine natürliche Stärke sein, und es wird ihn immer mehr Energie kosten als das Schwimmen.
Das bedeutet nicht, dass Training sinnlos ist. Ganz im Gegenteil! Ein gutes Antijagdtraining kann Wunder wirken. Es kann die Impulskontrolle deines Hundes verbessern, seine Aufmerksamkeit auf dich lenken und alternative Verhaltensweisen etablieren. Du kannst ihm beibringen, Wild anzuzeigen statt hinterherzujagen, oder auf einen Rückruf zu reagieren, selbst wenn das Reh schon in Sichtweite ist. Aber es erfordert Konsequenz, Geduld und vor allem Realismus. Wenn dein Hund ein Windhund ist, der auf Sicht jagt, und du ihn in einem Wildpark ohne Leine laufen lässt, dann ist das nicht die Schuld des Hundes, wenn er einem Hasen hinterherrennt. Das ist schlichtweg menschliche Naivität oder Ignoranz gegenüber den angeborenen Bedürfnissen und Fähigkeiten deines Hundes.
Die Grenzen der Erziehung liegen also dort, wo die Genetik zu stark ist, um sie komplett zu überwinden. Und das ist keine Niederlage, sondern eine Erkenntnis. Eine Erkenntnis, die uns hilft, verantwortungsvolle Hundehalter zu sein und unsere Hunde so zu lieben, wie sie sind – mit all ihren Macken und ihren urzeitlichen Instinkten. Und genau diese Akzeptanz führt uns zum nächsten wichtigen Punkt: der Verantwortung und der Realität der Freilaufmöglichkeiten.
Akzeptanz und Verantwortung: Die Realität des Freilaufs
Nachdem wir nun wissen, dass das Jagdverhalten genetisch verankert ist und selbst das beste Training an seine Grenzen stößt, kommen wir zu einem Punkt, der oft schmerzhaft ist, aber unerlässlich für ein harmonisches Zusammenleben: die Akzeptanz. Akzeptanz bedeutet, die Realität anzuerkennen, dass nicht jeder Hund überall freilaufen kann. Und das ist absolut in Ordnung! Es ist kein Zeichen von Versagen, weder deines noch des Hundes. Es ist ein Zeichen von verantwortungsvollem Hundebesitz.
Die Vorstellung vom frei und glücklich durch die Natur tollenden Hund ist romantisch, aber oft nicht realistisch. Gerade in wildreichen Gebieten oder in der Nähe von Straßen kann unkontrolliertes Jagen fatale Folgen haben – für das Wild, für den Hund selbst und für andere Verkehrsteilnehmer. Ein Hund, der einem Reh hinterherjagt, kann auf die Straße rennen und einen Unfall verursachen. Ein Hund, der Wild reißt, begeht Wilderei, was strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Und ganz abgesehen davon ist es einfach unfair gegenüber dem Wild, das in seiner natürlichen Umgebung gestört wird.
Was bedeutet das also für den Alltag? Es bedeutet, dass wir als Hundehalter die Verantwortung tragen, unseren Hund und seine Umwelt zu schützen. Das kann bedeuten, dass der Hund in bestimmten Gebieten an der Leine bleiben muss, auch wenn er sonst einen guten Rückruf hat. Es kann bedeuten, dass man eine Schleppleine verwendet, um dem Hund mehr Bewegungsfreiheit zu geben, ohne die Kontrolle zu verlieren.
Es ist wichtig, sich von dem Gedanken zu lösen, dass ein Hund nur glücklich ist, wenn er immer und überall ohne Leine laufen darf. Ein Hund ist glücklich, wenn seine Bedürfnisse erfüllt werden, wenn er geistig und körperlich ausgelastet ist und wenn er eine sichere Bindung zu seinem Menschen hat. Und diese Bedürfnisse können auch an der Leine oder mit einer Schleppleine erfüllt werden. Es gibt unzählige Möglichkeiten, Hunde auch an der Leine sinnvoll zu beschäftigen: Nasenarbeit, Tricktraining oder einfach nur ausgedehnte Spaziergänge, bei denen der Hund die Umgebung erkunden darf, ohne dass die Gefahr besteht, dass er einem Wildtier hinterherjagt.
Die Akzeptanz der Grenzen ist der erste Schritt zu einem entspannteren Miteinander. Wenn wir aufhören, gegen die Natur unseres Hundes anzukämpfen, und stattdessen lernen, mit ihr zu arbeiten, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten. Es geht nicht darum, den Hund zu brechen, sondern ihn zu verstehen und ihm einen Rahmen zu geben, in dem er sicher und glücklich sein kann. Und manchmal bedeutet das eben, dass die Leine dranbleibt. Und das ist, wie gesagt, absolut in Ordnung.
Fazit: Ein Jäger mit Herz und Leine
Das Jagdverhalten des Hundes ist ein komplexes Thema, das uns als Hundehalter immer wieder vor Herausforderungen stellt. Es ist ein tief verwurzelter Instinkt, der genetisch bedingt ist und bei jeder Rasse unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann – vom passionierten Terrier bis zum scheinbar harmlosen Begleithund. Wir haben gelernt, dass Training zwar essenziell ist, aber an seine Grenzen stößt, wenn es darum geht, das Jagdverhalten komplett zu eliminieren. Und das ist auch gut so, denn dieses Verhalten ist ein Teil dessen, was unsere Hunde so faszinierend macht.
Der Schlüssel zu einem entspannten Miteinander liegt in der Akzeptanz und der Verantwortung. Akzeptiere, dass dein Hund ein Jäger ist, auch wenn er auf dem Sofa liegt und schnarcht. Übernimm die Verantwortung, ihn und seine Umwelt zu schützen, indem du seine Freilaufmöglichkeiten realistisch einschätzt und gegebenenfalls die Leine dranlässt. Denn ein glücklicher Hund ist nicht unbedingt ein freilaufender Hund, sondern ein verstandener und ausgelasteter und erzogener Hund.
In diesem Sinne: Lasst uns unsere Hunde lieben, wie sie sind – mit all ihren urzeitlichen Instinkten und ihrer unbändigen Lebensfreude. Und wenn der innere Wolf mal wieder ruft, dann wissen wir jetzt: Es ist kein böser Wille, sondern einfach nur die Natur. Und die ist, wie wir wissen, manchmal ein echter Schelm. Bleibt humorvoll, bleibt geduldig und vor allem: Bleibt dran!








Kommentare